Rezension der Publikation „Naturschätze im unteren Orketal“

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Naturerleben im Orketal

BREßLER; W. u. M. GROSCHE (2016): Naturschätze im unteren Orketal. Schriftenreihe  „Natur erleben in Waldeck-Frankenberg“, Band 3, Korbach, 80 S., ISBN 3-9808625-3-4, 5 €

 



Cover Naturschätze im unteren OrketalDas Orketal ist schon lange beliebt bei Wanderern. Der Naturschutzbund Waldeck-Frankenberg (NABU) bietet mit dem Büchlein „Naturschätze im unteren Orketal“ jetzt erstmals einen handlichen Überblick über die Natur in diesem Tal, das manchen weitgehend unbekannten Superlativ führt. Das Buch hat der NABU zum 1000-jährigen Bestehen von Nieder- und Oberorke herausgegeben - auf Initiative des Vöhler NABU-Vorsitzenden Wilhelm Breßler, der es gemeinsam mit Markus Grosche geschrieben hat. Nur 32 Kilometer ist der größte linksseitige Eder-Zufluss lang – und bietet doch beeindruckende Lebensräume, die das Buch vorstellt.


Da ist das bewegte Leben unter Wasser: Unterhalb von Dalwigksthal – in den schmalen, nur extensiv genutzten Auen – ist der Fluss eine Äschenregion, die in Hessen seltenste Fischregion. Unter den gut 20 vorkommenden Fischarten hebt der Diplom-Biologe Christoph Dümpelmann den Schneider hervor. Die in Hessen gefährdete Kleinfischart wird von der Orke unter anderem im Biosphärenreservat Rhön wieder angesiedelt. Die vom Aussterben bedrohte Zährte steigt vom Edersee in den Unterlauf auf und laicht dort. Ergänzt wird das durch ein Kapitel über die Muscheln der Orke. Dabei erfährt man ganz nebenbei einiges zur Geschichte: In Felsen bei Oberorke kann man 300 Millionen Jahre alte Muschel-Fossilien finden. Damals lag das Gebiet auf dem Meeresboden.


Wilhelm Breßler beobachtet nicht nur die Vögel, sondern auch Insekten, Reptilien und Amphibien in dem Gebiet. Der Ederbringhäuser hat 14 Libellenarten in dem Tal festgestellt, darunter die in Hessen auf der Roten Liste aufgeführte Blauflügel-Prachtlibelle (gefährdete Art) und die Kleine Zangenlibelle (stark gefährdet). Unter anderem gibt es dort auch Schlingnattern.


Wer sich für die im Tal heimische Vogelwelt Zeit nimmt, kann dort Deutschlands kleinste und größte Eulenart entdecken. Der Uhu lebt wieder im Orketal, der kleine Sperlingskauz wurde 2015 ebenfalls nachgewiesen. Auch der scheue Schwarzstorch findet in dem Gewässer Nahrung. Verschwunden ist leider die Schleiereule, die im vergangenen Jahrhundert in Nieder- und Oberorke heimisch war. Seit etwa 20 Jahren gelang kein Brutnachweis mehr. Charaktervogel an dem Ederzufluss ist der Eisvogel, der dort nicht nur Nahrung, sondern auch Lehmwände findet, in die er seine Brutröhren gräbt. Als praktischer Naturschützer hat Breßler künstliche Lehmwände geschaffen, um dem Eisvogel weitere Brutmöglichkeiten zu bieten.


Das Buch beschreibt nicht nur die Tiere und Pflanzen, die in dem Gebiet leben. Wilhelm Breßler und Jens Freitag berichten über Vogelberingung in dem Tal. Dabei gelangen außergewöhnliche Wiederfunde. Freitag beringte dort Kohlmeisen, die in Finnland und Litauen wiedergefangen wurden. Der Fang der Kohlmeise in Finnland gilt in der über hundertjährigen Geschichte der Vogelwarte Helgoland als siebtnördlichster Fund überhaupt.


Neben der Orke stellt das Buch den Wippold vor, mit dem Wilhelm Breßler besonders verbunden ist. Das Gebiet zwischen Niederorke und Ederbringhausen ist als flächenhaftes Naturdenkmal geschützt. Neben wertvollen Silikatmagerrasen gibt es dort unter anderem schutzwürdige Eichen- und Rotbuchenbestände. Durch Pflege wird das zum Teil in NABU-Besitz befindliche Gebiet erhalten. Neben verschiedenen Heuschreckenarten wurden dort allein 32 Tagfalterarten gezählt. So nutzen die seltenen Schwalbenschwänze die Kuppe des Wippolds Ende April oder Anfang Mai als Balz- und Paarungsplatz.


Abgerundet wird das Buch durch zahlreiche Farbbilder, die bei der Bestimmung mancher Tier- oder Pflanzenart helfen. Der Naturfotograf Manfred Delpho hat Drohnen-Aufnahmen eigens für dieses Buch gemacht, die faszinierende Blicke aus der Luft auf die Orke, auf die Dörfer an deren Rand und auf Schloss Reckenberg ermöglichen. Auch dieser ehemaligen Wasserburg, die heute in Privatbesitz ist, ist ein Kapitel mit eindrucksvollen Bildern gewidmet. Das erste Kapitel des Buches nimmt die Leser mit in die Geschichte des Orketals und seiner Orte.


Mit den vielen Bildern und den allgemeinverständlichen Texten erhalten die Leser viele Informationen zu den Naturschätzen in dem Tal. Das Werk macht Lust, das Orketal selbst bei einer Tour zu erleben.

 

Bernd Schünemann


Bezugsadresse:  NABU-Kreisverband Waldeck-Frankenberg, Postfach 33, 34547 Edertal, Anrufbeantworter/Fax: 03212/126 8649, E-Mail: info@nabu-waldeck-frankenberg.de

 

 

Infos und Inhaltsverzeichnis in der Rubrik Literatur ++  Pressebericht zur Buchvorstellung (PDF)