zurück zur Seite "Rezensionen"

„Naturschutzgebiete in Hessen“,
Band 5: Landkreis Marburg-Biedenkopf,
Lahn-Dill-Kreis, Landkreis Gießen
 

Ein unentbehrliches Buch für alle Naturfreunde

Rezension: Wolfgang Lübcke, 2010

Natur schützen, erleben und pflegen

Im wahrsten Sinne ein gewichtiges Werk ist der Band 5 in der Reihe „Naturschutzgebiete in Hessen“ mit seinen fast 400 Seiten. Das Buch ist aber weit mehr als eine Darstellung von Schutzgebieten, sondern ein Handbuch über die regionalen Naturschätze. Nachdem der Band 4 den Landkreis Waldeck-Frankenberg mit dem Nationalpark Kellerwald-Edersee auf 260 Seiten porträtiert hat, widmet sich die neue Publikation gleich drei Kreisen: Marburg-Biedenkopf, Lahn-Dill und Gießen.

Insbesondere für Naturbegeisterte aus dem oberen Edertal dürften die informativen Texte über den benachbarten Kreis Marburg-Biedenkopf von Interesse sein. Insbesondere wird die herausragende Bedeutung des gesamten Burgwaldes gewürdigt, der mit 20.000 Hektar zu den größten zusammenhängenden Waldgebieten in Hessen zählt. Bereits in dem einleitenden Kapitel „Naturschutz in der Kulturlandschaft“ werden von Ralf Kubosch (Siegen) die Moore des Burgwalds als regionaltypische Lebensräume vorgestellt und Dr. Ursula Mothes-Wagner (Wohratal) beschreibt die Besonderheiten der Moosflora im Burgwald. Allein 25 Torfmoosarten, allesamt mit enormer Wasser speichernder Leistung, haben die Fachleute hier gefunden.

Zwei Naturschutzgebiete bei Rosenthal übergreifen die Kreisgrenzen: „Diebskeller Landgrafenborn“, ein vermoorter Talgrund, und die „Merzhäuser Teiche“, die zum Teil wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert vom Deutschen Ritterorden als Fischteiche angelegt worden sind. Ihre heutige Bedeutung für die Vogelwelt hat Michael Lay (Rosenthal) in den Vogelkundlichen Heften für den Kreis Waldeck-Frankenberg Nr. 33 /2007 gewürdigt.

Kreisübergreifend ist auch das FFH-Gebiet „Wohraaue zwischen Kirchhain und Gemünden (Wohra)“. Seinen europäischen Schutzstatus verdankt es dem Vorkommen einer urtümlichen Fischart, der Groppe, und dem Bachneunauge in der Wohra sowie einer Schmetterlingsart mit dem merkwürdigen Namen Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Ein Missverständnis wäre es jedoch, wenn man den Schutzgrund für die ausgedehnten Wiesenflächen nur an dieser einen Art festmachen wollte. Ähnlich wie bei dem „berühmten“ Kammmolch geht es um einen ganzen Lebensraum. So steht der kleine Schmetterling für ein sehr empfindliches ökologisches Netzwerk. Er kommt nur auf selten gewordenen Feuchtwiesen vor und ist dort auf eine charakteristische Pflanzenart, den Großen Wiesenknopf, und eine bestimmte Ameisenart angewiesen. Leitarten wie der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling zeigen also ganz bestimmte Biotope und Lebensgemeinschaften an, ohne die unsere Artenvielfalt nicht bewahrt werden könnte.

  Die Naturschutzgebiete des Burgwalds sind Kernbereiche im Rahmen eines großräumigen Schutzkonzepts. Weiträumig und andere Schutzkategorien überlagernd sind auch zwei in der neuen Publikation dargestellte EU-Vogelschutzgebiete, die zum Teil im Kreis Waldeck-Frankenberg liegen.

Im Vogelschutzgebiet „Hessisches Rothaargebirge“ brütet zum Beispiel der seltene Schwarzstorch. Er ist eine Leitart für ungestörte Waldlandschaften mit klaren Bächen und Teichen. Das Vogelschutzgebiet “Burgwald“ gehört zu den vogelkundlich am besten erforschten Gebieten in Hessen. Stellvertretend für die Ornithologen, denen wir sehr fundierte Untersuchungen verdanken, sei der Förster Michael Hoffmann (Rosenthal) genannt. Im Burgwald gibt es noch beachtliche Bestände seltener Waldvögel wie Raufußkauz, Sperlingskauz, Dohle und Waldschnepfe.

Deutschlandweit gibt es kaum ein anderes Gebiet mit einer so hohen Siedlungsdichte der größten heimischen Spechtart, dem Schwarzspecht. 66 Brutpaare hat Hoffmann hier im Jahr 2005 gezählt. Der Schwarzspecht ist deshalb für den Artenschutz so wichtig, weil er gewissermaßen „sozialen Wohnungsbau“ betreibt. Von ihm gezimmerte, aber nicht mehr benötigte Höhlen werden von über vierzig Tierarten als „Nachmieter“ genutzt. Da ist es von großer Bedeutung, dass die 531 gefundenen Höhlenbäume, in der Regel alte Buchen, dauerhaft markiert und von der Forstverwaltung erhalten werden.

Dass die Schutzgebiete - wo immer es die oft sensiblen Lebensräume und störungsempfindliche Arten zulassen - auch dem Naturerleben dienen sollen, machen die Besucherhinweise am Schluss eines jeden Kapitels deutlich. Darüber hinaus vermittelt ein eigener Abschnitt Tipps zu Wanderwegen, Aussichtspunkten und Informationseinrichtungen. Außerdem werden die Naturschutzverbände vorgestellt und man findet viele nützliche Adressen.

An dem federführend von Sieglinde und Lothar Nitsche (Nordhessische ‚Gesellschaft für Naturkunde und Naturwissenschaften) bearbeiteten Werk haben zahlreiche Kenner der Region mitgewirkt.

Wolfgang Lübcke

 

Bezug: Örtlicher Buchhandel oder cognitio-Verlag (www.cognitio.de), ISBN 978-3-932583-31-5, 29,00 €

Günstiges Angebot des Verlags für diejenigen, die alle fünf bisher erschienenen Bände dieses „Jahrhundertwerks“ über Natur und Naturschutz in Hessen erwerben möchten: 80,00 €

Der Band 4 über den Kreis Waldeck-Frankenberg kann ab 2010 zu dem sehr günstigen Preis von 14,80 € bezogen werden.’

     

Rezension: Wolfgang Lübcke