Wo der soziale Wohnungsbau
für Mehlschwalben funktioniert

 

NABU-Mitglied Josef Strasser baut neues Schwalbenhaus im Landkreis Waldeck-Frankenberg

WLZ, 16. Juni 2005

EDERTAL-AFFOLDERN (r). Im Kreis Waldeck-Frankenberg standen bisher 16 Schwalbenhäuser als Wohnungsangebot für die unter Hausdächern brütenden Mehlschwalben. Nun ist durch privates Engagement in Affoldern ein weiteres hinzugekommen. Das Überraschende: Bald nach Aufstellen des Schwalbenhauses ist die Mehrzahl der Kunstnester bereits besetzt, obwohl die Brutzeit schon in vollem Gange war.

Das 250 Kilo schwere Schwalbenhaus, gebaut auf einem sechs Meter hohen Stahlmasten. Oben rechts zwei Schwalben beim Bau ihres Nestes.

Initiator und Erbauer des Schwalbenhauses ist NABU-Mitglied Josef Strasser. Bis 1998 hatte er mit zuletzt 13 besetzten Nestern die größte Mehlschwalbenkolonie des Dorfes an seinem Wohnhaus. Bedingt durch eine Fassadenrenovierung mussten im Frühjahr 1999 die alten Lehmnester beseitigt werden. Strasser sann auf Abhilfe. Angeregt durch eine Reihe von Schwalbenhäusern im Kreisgebiet, die von Mehlschwalben bereits besiedelt wurden, beschloss er, in seinem Hausgarten in Nähe des Affolderner Dorfgemeinschaftshauses ein Schwalbenhaus zu errichten. Er nahm Kontakt auf zu Walter Meier, Vorstandsmitglied des Naturschutzbundes Edertal (NABU), der sich seit Jahrzehnten um den Schwalbenschutz in Edertal kümmert und oft auch von Naturfreunden aus anderen Gemeinden um Rat gefragt wird. In der nächsten Ausgabe der Vogelkundlichen Hefte Edertal erscheint ein umfangreicher Aufsatz von ihm mit dem Titel "Erfahrungen mit Schwalbenhäusern im Landkreis Waldeck-Frankenberg".

NABU Edertal leistete finanzielle Unterstützung

Der Vorstand des NABU Edertal beschloss, das Vorhaben von Josef Strasser finanziell zu unterstützen. Eine Woche später hatte Josef Strasser einen detaillierten Konstruktionsplan gezeichnet. Nach dem Materialeinkauf begann er mit dem Zuschnitt des Holzes und dem Aushub der Fundamentgrube für das Naturschutzbauwerk. Ein Schlosser lieferte das tragende Mittelstück aus Eisenteilen. An dieser Konstruktion konnte Strasser dann die Dachsparren verschrauben, die das Gewicht des über 250 Kilo schweren Hauses auf einem sechs Meter hohen Stahlmasten tragen, der wiederum auf einem Betonfundament verschraubt ist.

Brutmöglichkeit für bis zu 60 Mehlschwalben

Am 11. Mai wurde das Schwalbenhaus von einer Dachdeckerfirma mit einem Kranwagen aufgestellt. Dank der guten Vorarbeiten von Strasser war es in weniger als einer halben Stunde auf dem Masten verankert. Als krönender Abschluss kam eine Woche später eine kupferne Haube darauf. Das Dach ist mit roten Bitumenschindeln gedeckt. Sogar ein umlaufendes Kupferrohr als Sitzstange für die Schwalben hat Strasser angebracht. Vorerst sind an dem Schwalbenhaus 24 Kunstnester montiert worden, die Walter Meier gebaut hat. Maximal könnten um die 60 Mehlschwalben an dem Affolderner Schwalbenhaus brüten.

Affoldern "schwalbenfreundliches Dorf"

Walter Meier hat über viele Jahre hinweg in seinem Wohnort Affoldern die Mehlschwalbenbruten gezählt. Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre waren es 165 Paare. "Damit kann man Affoldern als schwalbenfreundliches Dorf bezeichnen, denn der Brutbestand ist deutlich höher als in vielen anderen Dörfern des Waldecker Landes", so Meier. Vielorts würden die "lebenden Fliegenfänger" und Glücksbringer nicht an den Häusern geduldet oder es stehe nicht genügend Baumaterial zur Verfügung. Durch das Anbringen von Kunstnester, oder durch das Anlegen von Lehmpfützen als Baustoffquelle könne man den Tieren wirksam helfen. "Im Affoldener Neubaugebiet in der Else gibt es noch Lehmpfützen", berichtet Meier. Dort hat er in den vergangenen Wochen bis zu 30 Mehlschwalben beobachtet, die Baumaterial für neue Nester sammelten.

Erfahrungen mit anderen Schwalbenhäusern

Die Erfahrungen mit anderen Schwalbenhäusern hätten gezeigt, dass sie selten im ersten Jahr angenommen werden. "Werden sie erst einmal besiedelt, kehren die brutorttreuen Tiere jedes Jahr wieder dorthin zurück", erzählt der Schwalbenexperte. Nach wie vor unbewohnt seien die Schwalbenhäuser in Wellen und Anraff. Insbesondere das Schwalbenhaus in Wellen stehe an einem ungeeigneten Ort. Über eine Umsetzung werde nachgedacht. Bei dem Anraffer Schwalbenhaus könne vielleicht ein breiter Dachüberstand zu dem gewünschten Erfolg führen.

Bericht und Bild: WLZ, 16.06.2005