Naturschutzpolitik in Hessen
NABU-Podiumsdiskussion mit Minister
und Landtags-Kandidaten in Herzhausen
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Landtagskandidaten lehnen Skipiste ab


von links:
Hannelore Eckhard (SPD), Jürgen Frömmrich (B90/Grüne), Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU),
 Heinz-Günther Schneider (Moderator des NABU), Reinhard Kahl (SPD) und Heinrich Heidel (FDP).

15.01.2003 

Naturschutzpolitik in Hessen  -  NABU-Podiumsdiskussion mit Minister und Landtagskandidaten in Herzhausen.

Große Resonanz fand die Einladung des NABU-Kreisverbandes Waldeck-Frankenberg zu einer Podiumsdiskussion über die zukünftige Naturschutzpolitik in Hessen mit Landtagskandidaten von CDU, FDP, Grüne und SPD am Mittwochabend in der Gaststätte Kohlberg in Herzhausen. NABU-Kreisverbands-Vorsitzender Heinz-Günther Schneider begrüßte auf dem Podium Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU), Heinrich Heidel (FDP), Jürgen Frömmrich (Grüne) sowie Reinhard Kahl und Hannelore Eckhard (beide SPD). Im Plenum befanden sich Vertreter von Vereinen, Umweltverbänden und Behörden. 

Zur Diskussion standen an: Der Themenkomplex "Naturpark/Nationalpark - Ski-Arena Peterskopf", "FFH-Gebiete", "Ausweisung weiterer Naturschutzgebiete (NSG)", "Autobahn A4", "Neues Hessisches Naturschutzgesetz" und "Finanzielle Ausstattung der Oberen Naturschutzbehörde bezüglich Artenschutzmaßnahmen". 

Alle Politiker auf dem Podium konnten dazu eine kurze Stellungnahme abgeben und in einer zweiten Runde auf entsprechende Fragen aus dem Publikum auf die Themen eingehen. Der Hessische Umweltminister wies im Zusammenhang mit der Natur-/Nationalpark -Diskussion darauf hin, dass das Land keinen Nationalpark gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung einrichten wolle. Für ihn sei es nun wichtig, den Naturpark Kellerwald/Edersee richtig in Gang zu bekommen. Dazu brauche er Vorschläge aus der Bevölkerung. Heinrich Heidel sagte: "Alles, was möglich war, haben wir dazu getan. Nun müssen gemeinsame Konzepte entwickelt werden." Anders sahen es die Vertreter von SPD und Grüne. Sie sehen in einem Nationalpark innerhalb des Naturparkes als zu verwirklichendes Ziel eine Chance für den Kreis und den Tourismus. Einig waren sich dagegen alle Politiker, dass sie keine Realisierungschance für die Skipiste am Peterkopf inmitten verschiedener Schutzräume sehen. Kahl: "Sie ist unvereinbar mit der Entwicklung des Naturparks." Frömmrich: "Es ist eine abenteuerliche Idee inmitten diverser Schutzgebiete eine Ski-Arena installieren zu wollen". Lediglich H. Heidel verlangte "vor einer generellen Ablehnung eine Prüfung". Auch H. Eckhard (SPD) erwog zunächst eine Umweltverträglichkeitsstudie. Bezüglich der FFH-Gebiete zeigte sich Dietzel mit den 6,4 Prozent ausgewiesener Fläche zufrieden. Sie sei höher als in anderen Bundesländern. Zur Frage bezüglich der Ausweisung weiterer NSGs äußerten sich alle positiv. Heinrich Heidel meinte, man solle sie da ausweisen, wo sie nötig sind und nicht nur, um auf eine bestimmte Quote zu kommen.

Zu dem immer wieder einmal in die Presse lancierten Thema "Autobahn A4" äußerten sich die Politiker skeptisch bis eindeutig ablehnend. Jürgen Frömmrich wies auf eine Studie, nach der die A 4 ökologisch und finanziell nicht machbar sei. Kahl forderte statt der A 4 den Ausbau von Ortsumgehungen. Der Umweltminister wollte sie zwar nicht für immer ausschließen, sah aber ebenso wie Heidel keine Chance zum Bau der A 4 in absehbarer Zeit. Zum neuen Hessischen Naturschutzgesetz, das von den Umweltverbänden als Rückschritt kritisiert wird, sagte der Minister: "Wir wollen nicht weniger, sondern anderen Naturschutz." Kahl dagegen findet die zu frühe Novellierung als falsch. Auch die Grünen sehen in ihm einen Schritt zurück. Entsprechende Begründungen wurden angeführt. Heidel widersprach Frömmrich vehement, dass die letzten vier Jahre in dieser Sache vertan gewesen seien. Auf entschiedenen Protest aller versammelten Naturschützer stieß die Regelung im neuen hessischen Wassergesetz, dass die Bebauung in Überschwemmungsgebieten ins Ermessen der Kommunen gestellt wurde. Fragen zur Energiepolitik, und zum Hessenforst wurden auch angesprochen.

In der anschließenden regen Diskussion vor vollem Haus wurde wiederholt und dringlich darauf hingewiesen, dass es nun zwar einen Naturpark Kellerwald/Edersee gäbe, es sich aber noch immer nichts bezüglich der Entwicklung getan habe. Wolfgang Lehmann sagte: "Die Enttäuschung ist sehr groß!" Es fehle noch immer an einem Grundkonzept zur Entwicklung, mahnte Jürgen Frömmrich. Auch Reinhard Kahl kritisierte:" Wir leisten uns einen Zweckverband, einen Kellerwaldverein und einen Beirat und es ist doch noch nichts passiert. Das darf doch nicht wahr sein!" Um besser voran zu kommen, forderte Frömmrich ein Landesamt für Naturschutz. Dietzel stellte prompt eine Realisierung in Aussicht.

Aus dem Publikum kam die Frage, was denn ein Aussichtsturm und eine Kapelle in einem Naturpark solle. Sie seien doch wohl nur Denkmale für örtliche Bürgermeister. Frankenaus Bürgermeister, Dr. Reinhard Kubat, selbst NABU-Mitglied und Vorsitzender der Naturlandstiftung konterte: "Wir brauchen ein Wir-Gefühl, wir wollen die Menschen im Naturschutz zusammenführen und die beiden Projekte sind auch ein Teil der Besucherlenkung im Sinne des Naturschutzes."

In seinem Schlusswort forderte Heinz-Günther Schneider den Willen zur Nachhaltigkeit auf allen Ebenen. Es wäre ein Beitrag zur Erhaltung unserer Natur. Den Politikern überreichte er Naturschutz-Broschüren und das neueste "Vogelkundliche Heft" als Dank. Zuletzt wartete der Hessische Umweltminister Wilhelm Dietzel für die meisten und vor allem für den Betroffenen mit einer freudigen Überraschung auf. Er kündigte an, dass er demnächst Wolfgang Lübcke auf Antrag des NABU das Bundesverdienstkreuz verleihen dürfe.

Bericht: Gerhard Kalden; Bild: Markus Grosche