Naturschutzbund Deutschland

Landesverband Hessen e.V

LAG Ornithologie



Auswertung der flächenbezogenen Kuckuck-Kartierung des NABU Hessen 2008


Einleitung und Methodik


Der Aufruf zur Meldung vom rufenden Kuckuck in Bezug auf Flächengrößen wurde von der LAG Ornithologie des NABU Landesverbandes Hessen bis zum 30.09.2008 verlängert. Bereits zuvor hatte sich der Landesverband am Aufruf des Bundesverbandes zur Meldung von Erstbeobachtungen (rufende Individuen) beteiligt. Die dabei eingegangenen Meldungen zeigten eine flächenhafte Verbreitung über ganz Hessen, wobei Regionen, die auch bei anderen Kartierungen traditionell zu wenig Beteiligung führen, auch hier geringer präsentiert waren (geringere Beobachtungsdichte). Ein Schwerpunkt der Vorkommensdichte lag dabei in den Talauen von Rhein, Main, Lahn und anderen Flüssen.


Im Aufruf der LAG Ornithologie zur Meldung von flächenbezogenen Vorkommen des Kuckucks waren folgende Angaben gefordert: Eingrenzung des Untersuchungsgebietes auf einer topografischen Karte, Durchführung von mindestens drei Begehungen (erste Begehung Anfang bis Mitte Mai, zweite Begehung Anfang bis Mitte Juni und dritte Begehung Mitte Juni bis Anfang Juli), Meldung der Anzahl rufender Männchen, ggf. mit Sichtbeobachtungen, ggf. auch Meldungen von zusammenhaltenden Paare, Jungvögeln, festgestellten Wirtsvogelarten und ggf. auch der Farbmorphe (braune oder blaue Morphe).


Es gingen Meldungen aus 26 Regionen ein plus einer kreisweiten Kartierung aus dem Kreis Waldeck-Frankenberg.


Ergebnisse


Die 26 flächenbezogenen Kartierungen hatten eine Gesamtgröße von 77.805 ha. Zusätzlich beinhaltete die kreisweite Kartierung aus Waldeck-Frankenberg eine Fläche von 1.848.000 ha. Die Einzelgrößen der 26 kartierten Regionen lagen zwischen 400 und 7.600 ha. Insgesamt wurden in den 77.805 ha dieser 26 Regionen 117 Rufreviere des Kuckucks festgestellt. Inklusive des Kreises Waldeck-Frankenberg belief sich die Gesamtfläche auf 1.925.805 ha. In dieser Gesamtfläche wurden 192 Rufreviere festgestellt, dabei entfielen 75 Reviere (Korrektur: 70 Reviere, die Siedlungsdichte werte sind entsprechend zu korrigieren) auf den Kreis Waldeck-Frankenberg. Damit ergibt sich ohne diesen Kreis eine Rufdichte von 0,15 Revieren pro 100 ha oder 15 Revieren pro km². Nur für den Raum Waldeck-Frankenberg ergab sich eine Rufdichte von 0,0042 Revieren pro 100 ha oder 0,42 Revieren pro km². Beide Kartierungen zusammen ergaben auf 1.925.805 ha eine Rufdichte von 0,01 Revieren pro 100 ha oder 1 Revier pro km².


Die größte Dichte hatte dabei Hans Ulrich im Raum Münster/Dieburg mit äußerst bemerkenswerten 15 Rufrevieren auf 200 ha (30 Reviere pro 100 ha). Die geringste Dichte der Flächen entfiel natürlich auf diejenigen Kartierungen, wo keine Kuckuckreviere festgestellt wurden. Diese waren Erbach im Odenwald, Fernwald-Steinbach und sogar eine ganze TK (Idstein, Horst Bender). Es war ausdrücklich dazu aufgefordert worden, auch Regionen ohne Kuckucksfeststellungen zu melden und nicht nur Regionen mit hoher Dichte, um möglichst einen Querschnitt des Vorkommens zu erhalten. Die geringste Dichte einer Fläche, auf der der Kuckuck festgestellt wurde, lag bei der großflächigen kreisweiten Kartierung aus Waldeck-Frankenberg (s.o.), ansonsten zeigte sich auch noch eine geringe Dichte im Raum Dillenburg (Kurt Dietermann) mit zwei Rufrevieren auf 6.500 ha (0,03 Reviere pro 100 ha).


Diskussion


Natürlich besteht bei derartigen Kartierungen immer die Tendenz, besonders aus Regionen zu melden, wo der Kuckuck auch vorkommt, und das eventuell in erhöhter Dichte. Deshalb war gerade dazu aufgefordert worden, auch aus suboptimalen Bereichen Meldungen weiterzugeben. Dieses ist zumindest teilweise erfolgt. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass trotzdem eher aus Regionen gemeldet wurde, wo der Kuckuck stärker präsentiert ist. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Meldungen, wo Flächen von über 1.000 ha bis zu 4.000 ha kartiert wurden und nur ein bis drei Rufreviere vorkamen.


Meldungen von mehr als drei Rufrevieren waren deutlich in der Minderheit. Diese betrafen lediglich sechs Regionen (Nördlicher Horloffgraben zwischen Hungen-Inheiden und Grund-Schwalheim, Hainburg, Waldeck-Frankenberg, Münster-Dieburg, Zwingenberg und Bensheim). Bei der Datenreihe des Kreises Waldeck-Frankenberg, die einen Anteil von 8,8 % an der Gesamtfläche Hessens darstellt, gilt zu berücksichtigen, dass eventuell aus diesem Kreis bei allerdings überdurchschnittlicher Beobachterdichte vielleicht nicht alle Brutreviere gemeldet wurden. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass dem Kreis Waldeck-Frankenberg eine hochgradige Erfassung der Kuckuckrufreviere gelungen ist.


Der Erfassungsgrad ist höher als in den Jahren zuvor, was auf die Sensibilisierung der Melder im Rahmen der Aktion „Vogel des Jahres“ des NABU zurückgeführt wird. So gingen auch eine Reihe von Meldungen aus der Laienbevölkerung ein (Wolfgang Lübcke, mündlich).


Festzustellen ist, dass, je nachdem, ob man den Kreis Waldeck-Frankenberg hinzunimmt oder nicht, eine Rufdichte von 0,01 bis 0,15 Revieren auf 100 ha festgestellt wurde.


Laut BAUER, BETZEL und FIEDLER gibt es in Deutschland 60.000 bis 114.000 Kuckuckreviere pro Jahr mit fallender Tendenz. Die Aktionsräume der Männchen sind an ihre Wirtsvögel angepasst. Der häufigste Wirtsvogel ist der Teichrohrsänger. Hier belaufen sich die Aktionsräume des Kuckucks auf etwa 30 ha (HAGEMEYER und BLAIR), beim Wiesenpieper sind es bis zu 300 ha. Da der Kuckuck auf seinen Wirtsvogel geprägt ist (der Wirtsvogel ist derselbe, bei dem der jeweilige Kuckuck auch erbrütet wurde) erfolgt eine Anpassung der Aktionsräume des Kuckucks an die Dichte und die Aktionsräume der jeweiligen parasitierten Vogelarten. Weibchen können Eier über mehrere km² verteilen und haben größere Areale als Männchen.


In Deutschland wurde in Brandenburg eine Dichte bis zu 0,8 Revieren auf 10 ha festgestellt (ABBO) und eine großräumliche mittlere Dichte von drei bis fünf Revieren auf 10 km². In der Avifauna von Hessen sind folgende Brutdichten für den Kuckuck angegeben: Die Siedlungsdichte hänge von der Dichte der parasitierten Arten ab und läge im Landesdurchschnitt deutlich unter einem Individuum pro km² (1,1 bzw. 2,8 Männchen). Dichten von 0,25 bis 0,4 Individuen pro km² bei Auswertung von Zufallsdaten aus den Auenbereichen des Schwalm-Eder-Kreises in gebüschreichen, extensiv genutzten Grünlandgebieten, Kreis Kassel 2,2 Individuen pro km². Großflächigere Untersuchungen ergaben allerdings eine deutlich geringere Dichte: 0,15 Männchen pro km² in Obertshausen, 0,1 Männchen pro km² jeweils bei Korbach, Rotenburg und Bebra. Die Bestandsgröße für Hessen wird mit mehr als 1.000 territorialen Männchen angegeben. Bei einer Zugrundelegung von 0,1 Individuen pro km² wären das 2.100 territoriale Männchen in Hessen. In der 9. Fassung der Roten Liste (2006) wird der Bestand wie in der vorherigen Fassung 1997 mit 1.500-3.000 Brutrevieren angegeben.


Dahingehend finden sich bei GLUTZ VON BLOTZHEIM folgende Angaben für Mitteleuropa: Je nach Biotop und Wirtsvogel würden rufende Männchen Größen von 20-120 ha halten. Untersuchungen von größeren Flächen fehlen hier.


Im Gegensatz zu den genannten Literaturangaben ist die hier ermittelte Siedlungsdichte höher als bisher für Hessen schätzt. Dieses gilt sowohl für den Kreis Waldeck-Frankenberg (8,8 % der Landesfläche), als auch für andere Teile des Bundeslandes.



Da in die Kartierung auch viele Flächen einflossen, wo der Kuckuck gering repräsentiert ist und auch nur 6 der 26 Flächen ein hohes Kuckucksvorkommen zeigten, ist der Kuckuckbestand in Hessen wohl höher als bisher angenommen. Eine Hochrechnung auf eine Bestandsdichte in Hessen halten wir aber auch nach dieser Kartierung nur für sehr schwer möglich, da letztendlich unklar ist, wie repräsentativ die Zahlen für das ganze Bundesland sind. Auch im Landkreis Waldeck-Frankenberg lag der (jetzt genauer) erfasste Bestand um eine Zehnerpotenz höher als bisher für Hessen vermutet.


Um den Gesamtbestand für das Bundesland Hessen genauer einschätzen zu können, wären noch mehr Meldungen ohne bzw. mit nur geringen Vorkommen notwendig gewesen. Einen Bestand, der um eine Zehnerpotenz höher liegt als bisher vermutet, wird für unwahrscheinlich gehalten. Jedoch dürfte der Bestand, zumindest im Jahr 2008, höher gewesen sein, als bisherige Zahlen vermuten lassen.


Zusammenfassung


Vorgestellt wird die im Jahr 2008 durch Mitglieder des NABU Hessen unter Koordinierung der LAG Ornithologie durchgeführte Kartierung zum Kuckuck (Vogel des Jahres). Die flächenhaften Erhebungen deuten darauf hin, dass der Bestand des Kuckucks in Hessen höher ist, als bisher vermutet. Die erhobenen Daten werden diskutiert und mit Literaturangaben verglichen. Eine landesweite Kartierung unter Einbeziehung von noch mehr Flächen, wo der Kuckuck überhaupt nicht vorkommt (Negativmeldungen) oder nur in geringer Zahl festzustellen ist, wäre zur Festlegung der landesweiten Bestandsgröße dieser Art sinnvoll.


Danksagung


Folgenden Personen danken wir hiermit sehr herzlich für die Teilnahme an der flächenbezogenen Kuckuckskartierung 2008:

Ingrid Arras, Dieter Bark, Karl-Heinz Bastet, Jürgen Becker, Philipp Becker, Horst Bender, Erhard Bemmann, Monika Bernaisch, M. Bode, Wilhelm Breßler, Erhard Christmann, Wilhelm Depner, Kurt Dietermann, Reinhard Eckstein, Chr. Erle, Günter Faust, Hansi Figge, K. Franziski, I. Gerding, Claudia Germann, Gerhard Germann, G. Grebe, Manfred Gutermuth, Martin Heerd, L. Heidt, C. Hilles, J. Hoffmann, Manfred Hölker, P. Jäger-Mattern, Wolfgang Kaiser, Gerhard Kalden, Gitta Kalden, I. Kessler, J. Kesper, E. Klocke, Manfred Koch, Karl Krug, Gerhard Kuhnhenne, Manfred Kunz, H. Lahme, Michael Lay, Wolfgang Lübcke, H. Martin, Tim Mattern, E. Mehrhoff, Bastian Meise, G. Michel, H. Michel, Klaus Monsees, H. Müller, Lothar Müller, I. Neumann, Falk Paltinat, W. Poddey, Ernst-Peter Rade, Wilhelm Reckhart, Erich Sänger, G. Sassmannshausen, Bernhard Saul, Stephan Schäfer, Dieter Schmidt, O. Schmidt, Robert Schmitt, H. Schneider, Heinz-Günther Schneider, Bernd Schock, Wilhelm Schoof, Karl-Heinz Schreiber, H. Sepec, Maik Sommerhage, Andreas Stachowiak, Raimer Thienhaus, Hans Ulrich, G. Weinrich, Hans-Erich Wissner, Anja-Ute Wölm, Achim Zedler, Robert Zemke, D. Zocher-Henkel.



Literatur:


BAUER, BETZEL, FIEDLER: Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, 2. Auflage, Aula-Verlag


ABBO (2001): Die Vogelwelt von Brandenburg und Berlin, Rangsdorf (Natur und Text)


HAGEMEIJER, W.J.M und M.J. BLAIR (1997): EBCC-Atlas of European Breeding Birds: Their Distributions and Abundance. London, T und A. D. POYSER


HESSISCHE Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (Hrsg.): Avifauna von Hessen in 4 Bänden: Kuckuck


URS N. GLUTZ VON BLOTZHEIM et al.: Handbuch der Vögel Mitteluropas, Band 9, 1980


Vogel und Umwelt 17 (2006): Rote Liste der bestandsgefährdeten Brutvogelarten Hessens, 9. Fassung