NABU lud zu Pressegespräch:
NABU
Waldeck-Frankenberg gegen
Novellierung des HeNatG

NABU warnt vor Kahlschlag durch Reform

HNA, 04.10.2006, WLZ, 05.10.2006

HNA, 04.10.2006

Waldeck-Frankenberg. Noch diese Woche will der Landtag in 2. Lesung über die Reform des Naturschutzrechts beraten. Im Vorfeld protestiert der Naturschutzbund (NABU) Waldeck-Frankenberg gegen die von der Landesregierung beabsichtigte Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes. "Wenn die Novelle jetzt kommt, dann ist das ein Kahlschlag für die hessische Natur", warnten gestern der NABU-Kreisvorsitzende Heinz-Günther Schneider (Battenberg) und der Fachreferent Wolfgang Lübcke (Edertal).

Wilhelm Dietzel, Minister für Umwelt, ländlichen Raum
und Verbraucherschutz, verspricht sich von der Novellierung
des Hessischen Naturschutzgesetzes weniger Bürokratie
in seinem Ressort, Naturschützer befürchten geringeres
Mitspracherecht und eine Zerstörung ihrer
jahrzehntelangen Arbeit.

Auch Streuobstwiesen wie auf unserem Archivbild
in Marienhagen sollen künftig nicht mehr unter
Schutz stehen. (Foto: WLZ, Archiv/md)

Schutzstatus fällt

Dorn im Auge ist dem NABU der geplante Wegfall der Landschaftsschutzgebiete (LGS). Im Kreis sind dies die Gebiete Kellerwald, Edersee, Diemelsee und Burgwald mit einer Fläche von knapp 80 000 Hektar, also 40 Prozent der Kreis-Gesamtfläche. Durch Wegfall der LGS verlören diese rechtsverbindlich festgesetzten Gebiete ihren Status zum Schutz von Natur und Landschaft. Folgen könnten etwa die Zersiedlung durch Bebauung und die Verspargelung durch Windkraftanlagen sein, meinten Schneider und Lübcke. Zu beklagen werde das Verschwinden landschaftstypischer Biotoptypen - wie Streuobstwiesen, Alleen, Trockenmauern, Feldholzinseln, Hecken und markante Einzelbäume - sein.

Substanz geht kaputt

Die Novelle widerspreche den Zielen der regionalen Entwicklungsgruppen Kellerwald und Burgwald sowie dem Wunsch nach sanftem Tourismus. Schneider: "Das Gesetz wird mehr an Naturschutz-Substanz kaputtmachen, als wir in 40 Jahren aufgebaut haben." Gefährdet sei die gesamte Arbeit des 2600 Mitglieder in 19 Ortgruppen zählenden NABU-Kreisverbandes. (aha)

 

WLZ, 05.10.2006

Naturschutzbund Waldeck-Frankenberg gegen Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes
Landschaftsschützer befürchten Kahlschlag

von Kerstin Diehl

WALDECK-FRANKENBERG. Der NABU-Kreisverband hat nach eigenen Angaben noch nie zu einem Pressegespräch eingeladen, doch diesmal ist es dringend: Es geht um die geplante Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes. Ende dieser Woche steht die zweite Lesung an. Tritt die Gesetzesnovelle 2007 in Kraft, befürchten Naturschützer landauf, landab einen "Kahlschlag in der Natur" - auch in Waldeck-Frankenberg.

In einem Brief (PDF-Datei) haben sich der Kreisvorsitzende des Naturschutzbundes (NABU), Heinz-Günther Schneider (Battenberg) und Wolfgang Lübcke (Ortsgruppe Edertal) an Ministerpräsident Roland Koch gewandt, zurzeit versuchen sie die heimischen Landtagsabgeordneten für das Thema zu sensibilisieren: Den Schutz von Landschaft und Natur. Denn der stehe mit dem Gesetzesvorhaben auf dem Spiel.

Im Kreistag war eine Grünen-Resolution zum Naturschutzgesetz abgelehnt worden - mit der Begründung, Waldeck-Frankenberg sei von der Gesetzesnovelle zu wenig tangiert. Dabei sollen 15 Landschaftsschutzgebiete in Hessen wegfallen, davon vier in Waldeck-Frankenberg: Kellerwald, Edersee, Diemelsee und Burgwald. Sie haben zusammen eine Größe von knapp 80 000 Hektar, rund 40 Prozent des Kreisgebietes. Die Folge wäre, dass die dortige Landschaft unter keinem besonderen Schutz mehr stünde, Baugebiete und Windkraftanlagen ohne Rücksicht auf einen Landschaftsplan entstehen könnten.

Zwar ist auch ein Großteil des Gebietes Waldeck-Frankenberg Naturpark, jedoch sind damit keinerlei besondere Schutzmaßnahmen verbunden. "Und die FFH-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat) stehen zwar unter europäischem Schutz, jedoch ist dies noch nicht in Landesgesetz übergegangen", erklärt Lübcke, Vorsitzender der Kreisgruppe Edertal. Daher tue sich das Land keinen Gefallen, vorhandene Schutzzonen aufzuheben.

Die Naturschützer befürchten immer weniger Mitspracherecht. Neben Streuobstwiesen sollen auch landschaftsprägende Alleen, Trockenmauern, Feldgehölze und Hecken sowie markante Einzelbäume ihren Schutz verlieren. "Wir haben uns in unzähligen Arbeitseinsätzen engagiert, Streuobstwiesen, Trockenmauern und mehr anzulegen", berichtet Schneider: "Mit dem Gesetz wird mehr an Natur und Landschaft zerstört, als wir in 40 Jahren Naturschutzarbeit leisten konnten."

Auch werde es in Zukunft kaum noch möglich sein, Ehrenamtliche, inbesondere Jugendliche, für den Naturschutz zu erwärmen. Auch die Pflicht zur Landschaftspflege in Naturschutzgebieten fällt weg, findet die Gesetzesnovelle im Hessischen Landtag eine Mehrheit, und damit auch so mancher Nebenverdienst für Landwirte. Insgesamt stehe die Gesetzesnovelle im Widerspruch zu dem, was das Land an anderer Stelle fördern wolle: Tourismus inmitten einer intakten Natur. "Die Pläne der hessischen Landesregierung stehen in krassem Gegensatz zur Förderung der Regionalentwicklung durch die Europäische Union in diesem Raum und auch zu dem Naturschutzprojekt des Bundes im Kellerwald", heißt es in dem Brief an den Ministerpräsidenten.

Neben dem Brief waren rund 800 E-Mails von Naturschützern in der Staatskanzlei eingegangen, doch zur zweiten Lesung war der Entwurf unverändert eingebracht worden. Schneider und Lübcke glauben daher nicht, dass die Gesetzesnovelle verhindert werden kann. "Aber wir hoffen, dass zumindest die Streuobstwiesen herausfallen."

Berichte: HNA und WLZ, Foto: WLZ Archiv /md