Gespräch mit Dr. Nüsse vom Kreisbauernverband 

 

HNA vom 30.08.2001 (mit freundl. Genehmigung der Redaktion Korbach)

Bauernverbandsgeschäftsführer Dr. Christof Nüsse mit dem NABU-Kreisvorstand im Gespräch - Fazit:
Landwirte und Naturschützer wollen im Dialog bleiben

VÖHL - HERZHAUSEN (sr). Positive Ansätze für eine Zusammenarbeit von Naturschützern und Landwirten fanden die Vertreter der NABU-Ortsgruppen im Landkreis im Gespräch mit dem Geschäftsführer des Waldecker Kreisbauernverbandes Dr. Christof Nüsse.

„Landwirte und Naturschützer sollten Verbündete sein", mit diesen Worten eröffnete der stellvertretende NABU-Kreisvorsitzende Wolfgang Lübcke die Diskussion. Er zählte eine Reihe positiver und negativer Beispiele häufiger Berührungspunkte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auf.

„Landschaftspflege"

Zentrales Thema unserer Mittelgebirgsregion sei die Landschaftspflege. Positive Signale hätten hier das Pilotprojekt Landwirtschaft und Naturschutz in Frankenau sowie einige Biotopverbundsysteme im Landkreis gesetzt.

Eine große Chance für beide Interessen sieht Lübcke in der Ausgestaltung des Naturparks Kellerwald/Edersee. Er schlug als Modellprojekt einen Landschaftspflegehof in der Kellerwaldregion vor, der mit touristischen Aspekten verknüpft werden könne.

Landschaftspflege könne für viele Landwirte heute ein wichtiges „Zubrot" sein, so Lübcke. Achim Frede ergänzte:„In der Symbiose von Landwirtschaft, Naturschutz und Tourismus liegt die Zukunft der Region."

Der Vöhler Biologe stellte das Frankenauer Pilotprojekt vor, wo rund 40 Landwirte 220 Einzelparzellen auf 150 Hektar Fläche nach Vertragsnaturschutzbedingungen bewirtschaften. Sonderbiotope würden durch die Frankenauer NABU-Gruppe per Hand oder mit vereinseigenen Weidetieren gepflegt.

„Die Landschaft blüht", sagte Frede und verwies auf die überregionale Anerkennung. Handlungsbedarf bestehe dagegen bei der künftigen Projektbetreuung. Die aus EU-Leader-Mitteln finanzierte Stelle ist ausgelaufen. Auch für die Region Hundsdorf/Armsfeld forderte Frede ein Landschaftspflegekonzept. NABU-Kreisvorsitzender Heinz-Günther Schneider ergänzte: „Im oberen Edertal sind in diesem Jahr so viele Wiesenflächen wie noch nie stehen geblieben, viele Nebenerwerbslandwirte sind verschwunden."

Kritik an Waldecker Wurst

Christof Nüsse, ehemaliger Landesgeschäftsführer der Naturlandstiftung, sieht die Zukunft der Landwirtschaft in leistungsfähigen Vollerwerbsbetrieben. Er forderte Erleichterungen bei der Baugenehmigung von Ställen und politische Sicherheit für Förderprogramme.

Nüsse:„Ein Landwirt muss so lange kalkulieren können, wie seine Investitionen abgeschrieben werden." Zur Entwicklung neuer Betriebsmodelle bittet er um die Unterstützung der Wissenschaft durch Vergabe von Diplomarbeiten.

Frede wies auf innovative Projekte in der Rhön hin. Zentrales Thema: Imagewerbung für heimische Produkte.

Kritik wurde an der Verwendung des Namens „Waldecker Wurst" laut. Das Fleisch stamme überwiegend aus Polen oder Niedersachsen, nicht aus der Region. Viele Verarbeitungsbetriebe wie Schlachthäuser, Molkereien oder Mühlen seien aus der Region verschwunden, bemerkten die NABU-Vertreter.

Weitere Diskussionsthemen waren die Verwendung der Ausgleichsabgabe, der Verlust landwirtschaftlicher Flächen durch Straßen- und Wohnungsbau und die auf Menge ausgerichtete EU-Agrarpolitik.

NABU-Kreisvorsitzender Heinz-Günther Schneider (Laisa) hob hervor, dass der NABU sich mit seiner Kritik am Entwurf des neuen hessischen Naturschutzgesetzes möglichst früh in die politische Diskussion habe einschalten wollen. Dies sei keineswegs ein Affront gegen die heimische Landwirtschaft. „Wenn der Stand des Naturschutzgesetzes um 20 Jahre zurückgedreht wird, reagiert man schon etwas allergisch", ergänzte Lübcke.

Der Vertreter des Bauernverbandes sowie die NABU-Kreisvorstandsmitglieder zogen am Schluss ein positives Fazit: „Wir wollen im Dialog bleiben."

 

HNA vom 30.08.2001 (mit freundl. Genehmigung der Redaktion Korbach)

zurück zur Seite "Inhaltsübersicht"