Diavortrag über den Soomaa Nationalpark in Estland von Jaan Palisaar am 06. August 2001


 
 
Interessante Bilder und Informationen zum Thema gibt es unter www.soomaa.ee

Faszinierende Bilder aus Estland, dem Land der Moore
 
Der gemeinsame Stammtisch der NABU-Gruppen Edertal und Bad Wildungen hatte am 06.08.2001 im Gasthaus zur Post in Giflitz Jaan Palisaar mit seinem Diavortrag "Der Soomaa-Nationalpark in Estland" zu Gast. Der Vortragende (seine Frau ist Pastorin im Kirchspiel Bergheim) hat in Marburg Biologie studiert und im Rahmen seiner noch laufenden Doktorarbeit vegetationskundliche und populationsbiologische Untersuchungen im Soomaa-Nationalpark vorgenommen. Dscf0904 klein.jpg (28253 Byte)
Der Vortrag vermittelte neben den einmaligen Natureindrücken auch Wissenswertes über Land und Leute in Estland. Auf einer Karte wurde zunächst die Lage des Nationalparks und der wenigen größeren Städte (u. a. die Hauptstadt Tallinn) gezeigt, die sich durch interessante historische Bauten auszeichnen. Im ansonsten relativ dünn besiedelten Land findet man u. a. völlig naturbelassene mäandrierende Flussläufe, wie man sie in Deutschland in dieser Form kaum noch zu sehen bekommt.

Das Land ist in seiner Geologie stark von der letzten Eiszeit beeinflusst worden. Während die nördlichen Landesteile von den Gletschern "flachgehobelt" sind und besonders an der Küste sehr flache und arme Kalkböden aufweisen, liegen die südlichen Landesteile im Bereich der Endmoränen und zeigen ein bewegteres Relief. Hier findet sich auch die mit 318m höchste Erhebung des Landes (und des ganzen Baltikums!) während die durchschnittliche Höhe bei 50m liegt.

Typisch für Estland sind u. a. die parkähnlichen Gehölzwiesen mit aufgelockertem Baumbestand. Eine dieser Gehölzwiesen hielt bis vor kurzem den "Weltrekord" an Artenreichtum höherer Pflanzen auf 1 qm (über 60 Arten). Ganz besonders prägend für die Landschaft sind jedoch auch die riesigen, bis zu 10 Meter tiefen Moore, die sich über etwa 20% der Landesfläche erstrecken. 

Die Esten pflegen eine besonders "innige" Beziehung zu ihren Mooren, da sie die dort wachsenden schmackhaften Moosbeeren schätzen und kulinarisch verwerten. Interessanterweise liegt darin auch einer der Auslöser für die erfolgreichen Unabhängigkeitsbestrebungen in Estland: für einen großflächigen Tagebau hätte die Hydrologie großer Teile des Landes verändert werden müssen, was sicherlich viele Moore in Mitleidenschaft gezogen hätte.

Der Soomaa-Nationalpark (seit 1993, vorher seit 1957 einzelne Moor- und Grünland-Schutzgebiete) mit seinen riesigen und praktisch unberührten Hochmooren umfasst eine Fläche von 370 qkm und soll noch erweitert werden. Große Flächen wurden hier bis zur Wende extensiv als Grünland bewirtschaftet und sind deshalb botanisch besonders interessant. Daher besteht eine der Hauptaufgaben des Nationalparks in Pflege und Management dieser Auewiesen, um eine Verbuschung zu verhindern. Im Jahre 1998 wurde (mit Unterstützung der Dänen) ein Nationalparkzentrum gebaut, in dem es auch Unterkunftsmöglichkeiten gibt. 

Man spricht vor Ort von den fünf Jahreszeiten (die fünfte ist das Frühjahrshochwasser, bei dem dank der weitgehend unregulierten Flußläufe große Teile des Parkes oft mehere Wochen unter Wasser stehen). Vor diesem Hintergrund erschloss sich auch die Aufschrift auf dem T-Shirt des Vortragenden. Sie lautete "Soomaa - Kingdom of the moscitos" (Königreich der Moskitos). Insgesamt gibt es in Estland vier Nationalparke und eine Reihe anderer Schutzgebietstypen, die zusammen ca. 9% der Landesfläche ausmachen. Die Nordküste stellt mit ihren 112.000 Hektar den größten Nationalpark dar.

In seiner Doktorarbeit beschäftigte sich Jaan Palisaar mit den Auewiesen im Soomaa-Nationalpark. Dabei hat er sich vor allem mit der Charakterisierung der verschiedenen Wiesentypen und ihrer Standortsbedingungen (Bodenkunde, Wasserstandsschwankungen etc.) und den Überlebensstrategien (Keimung und Etablierung, sowie Ausbreitung von Pflanzensamen) ausgewählter Pflanzenarten beschäftigt.

Einige der dort vorkommenden Wildpflanzen, die bei uns schon lange aus dem Landschaftsbild verschwunden sind, wurden im Bild vorgestellt, wie z.B. Sibirische Iris (Iris sibirica), Trollblume (Trollius europaeus), Gladiole (Gladiolus imbricatus), verschiedene Orchideen, oder die Niedrige Schwarzwurzel (Scorzonera humilis).

Auch die dortige Tierwelt kann sich sehen lassen, zumal viele bei uns seltene Arten dort häufiger vorkommen. Genannt wurden u. a. Wachtelkönig (häufig), Kranich, Schwarzstorch, Steinadler, Schlangenadler, Fischadler, Flughörnchen (westlichstes Vorkommen), Biber (sehr häufig), Elch, Luchs, Wölfe und Braunbär.

Langsam entwickelt sich dort auch der Tourismus, vorwiegend in Form von Öko-Tourismus, Ferien auf dem Bauernhof, Kanutouren u. ä. Angeboten. Auch die Kunst des Einbaumbaus wird dort noch praktiziert und kann in Kursen erlernt werden. Neben estnisch und finnisch wird dort erstaunlich gut deutsch und von den jüngeren auch englisch gesprochen, so dass man als Tourist sprachlich gut zurechtkommen kann.

Für Nachfragen steht Herr Palisaar unter jpalisaar@gmx.de gerne zur Verfügung.
Weitere Informationen und einige Bilder zum Soomaa-Nationalpark finden sich unter www.soomaa.ee

 

Bericht und Bild von Markus Grosche


Der nächste Stammtisch findet am 01.10.2001 ab 20.00 im Café Seifart, Bad Wildungen-Reinhardshausen) statt:
Bilder aus der heimischen Insektenwelt (Vortrag von Bernd Hannover, Bad Wildungen)

(weitere Termine)

Ansprechpartner für die Stammtisch- Termine :
Wolfgang Lübcke, Edertal-Giflitz, Telefon (0 56 23) 12 55
Christel Rettert, Bad Wildungen, Telefon (0 56 21) 52 14